Daniel is different

Daniel is different

von Wesley King

Erscheinungsjahr: 2018
Seiten: 299
Verlag: Magellan-Verlag
ISBN: 978-3-7348-5402-6

Zwangserkrankung

Buch ab 12 Jahren

Deutschlandfunk – Bücher für junge Leser

Aus dem Beitrag von Maria Riederer, 23.09.2017

„Daniel is different“ – ein Gefangener seiner selbst

Dass jemand von der Norm abweicht, also anders ist, steht manchmal schon im Titel. So zum Beispiel: „Daniel is different“, ein Jugendroman des Kanadiers Wesley King:

„Es war an einem Dienstag, als mir zum ersten Mal klar wurde, dass ich verrückt war. Naja, die Vermutung war mir schon früher gekommen, war ja unvermeidlich, aber ich hatte gehofft, es wäre nur eine Phase, so wie damals mit drei, als ich ein Feuerwehrauto sein wollte.“

Im Grunde weiß Daniel schon lange, dass etwas mit ihm nicht stimmt. Als Ich-Erzähler weiht er den Leser sofort in seine Störung ein – noch bevor er klar macht, warum nun ausgerechnet jener Dienstag schicksalhaft für ihn wurde. Zunächst ist es nämlich ein ganz normaler Dienstag, an dem Daniel das Datum für einen Test notieren möchte – den 19. Oktober:

„Als ich ansetzte, ‚19‘ zu schreiben, hielt mein Stift abrupt auf der Seite inne, mitten in der ‚1‘. Und dann kamen sie. Ich nenne sie Zaps. Sie bewirken unterschiedliche Sachen, aber es gibt ein bestimmtes Schema, das folgendermaßen abläuft:
1. Schlechter Gedanke
2. Schreckliches Gefühl oder schreckliche Empfindung, ungefähr so, als wäre man gerade von einem Dementor angegriffen worden
3. Erkenntnis, dass man sterben oder verrückt werden oder nie wieder glücklich sein kann, wenn man nicht sofort etwas unternimmt“

Daniel verbirgt seine Zaps, so gut er kann. Ob er auf der Straße Rasenkanten meidet oder im Bad fünfhundert Zahnputzbewegungen absolviert – all das tut er in aller Stille, für sich allein. Daniel erträgt sein Anderssein, aber er erträgt nicht die Vorstellung, seine Familie oder seine Mitschüler und Freunde in die Welt der Ängste und Zwänge einzuweihen.

Daniel kommt klar – bis jemand seine Zwänge durchblickt

Der erwähnte Dienstag ist der Tag, an dem zum ersten Mal ein anderer Mensch in Daniels kranke Seele zu blicken scheint. Es ist Sara, ein Mädchen, das selbst nur mit Begleiterin am Unterricht teilnimmt und nie ein Wort sagt:

„Die anderen nannten sie Psycho-Sara, ich hatte sie jedoch nie etwas Verrücktes tun sehen. Sie wirkte bloß verstört. Ich konnte mit ihr mitfühlen. Manchmal war ich selbst ziemlich verstört. Als ich mit Max und Taj an Sara vorbeilief, passierte etwas Merkwürdiges. Sie drehte sich zu mir um, ihre trüben Augen wirkten plötzlich klar und scharf. ‚Hallo Daniel‘, sagte sie.“

„Daniel is different“ erzählt von der Annäherung zweier Heranwachsender, die beide wissen, dass sie anders sind. Diese Annäherung vollzieht sich in einer Art Kriminalgeschichte, bei der sie beweisen, dass sie geistig ganz auf der Höhe sind. Obwohl Daniel sich mit Sara anfreundet und auch in seiner Peer-Group weiterhin gut angenommen ist, bleibt er durch das Verschweigen seiner Angstattacken die längste Zeit ein Gefangener seiner selbst. Einzige Mitwisser sind der Autor und der Leser, der genauestens eingeweiht wird, zum Beispiel in sein abendliches Ritual:

„1. Mit zehn Schritten von meinem Zimmer zum Badezimmer
2. Zähne mit zehn Vertikal- und fünf Horizontalbewegungen pro Seite putzen
3. Mit fünf Schritten zur Toilette gehen“