Austausch zur Corona-Situation
Liebe Frau Meisel,
Herzlichen Dank für Ihr offenes Ohr/ Auge und die Bearbeitung so vieler Mails….
Ich melde mich als beherzte Vertreterin des “Zurücktretens aus dem Direktkontakt”.…..dies möchte ich keineswegs “moralinsauer” schreiben, sondern aus Überzeugung.
Ich habe heute die beiden letzten Therapiesitzungen in klassischer Form und stelle dann sofort auf Mail/ Telefon um. Die Dilemmata, die mit beiden Möglichkeiten einhergehen wurden schon eindrücklich geschildert….. “Meine” Familien haben Mi/ Do entsprechend einen Brief erhalten, der für die Kinder und Jugendl. neben dem Telefon- und Mailangebot auch eine “kreative Hausaufgabe” enthält, die ich per Mail erhalte und beantworte. Ich verändere meine Behandlungen bis zu den Osterferien, die eh eine Pause darstellen, danach hoffen wir auf allmähliche, positive Veränderungen, die aber nur durch Vernunft aller zu erwarten sind.
Unter meinen Pat. sind mehrere “Risikokinder”: etwa eines mit Tumorvorgeschichte, o.a. ein junges Mädchen mit Pericarderguss bei anhaltend kritischem Untergewicht. Dieses Mädchen ist natürlich auch bei mehreren Fachärztinnen mit in Betreuung, stabilisiert sich psychisch und hält das Gewicht. Sie ging auch zur Schule, wobei ich “Bauschmerzen” hatte und meinerseits die Ärztin kontaktierte…. der Rat blieb, vorerst nicht einzuschränken… ausgerechnet in IHRER Klasse gibt es inzw. ein Mädchen mit an Corona erkranktem Vater…. Gott sei Dank kam die Schulschließung, für die Pat. möglicherweise buchstäblich eine Rettung, und ich spreche sie nur am Telefon, was sie von sich aus (!) vorgeschlagen hat, wie beachtlich!
Die Ke sind stark verunsichert. Hier in Berlin stellt sich auch die Frage: Wie gelangen die Kinder/ Jugendl. zu mir? Die öffentlichen Verkehrmittel halte ich für nicht mehr vertretbar…..
Ich dachte mir dann: Lasse ich die Familien “mehr allein”, wenn ich rigoros, oder besser: klar Konsequenzen ziehe – oder wenn ich ihnen die Entscheidung überlasse (ob das Kind weiterhin kommen “darf”), eine Entscheidung, die sie u.U. in massive Konflikte stürzt, und die sie, im Fall meiner Erkrankung oder der Erkrankung eines anderen Kindes bereuen, und die unsere Beziehung auf ein harte Probe stellen würde???
Es mag auch hilfreich und Halt gebend sein, wenn wir VOR einem gut möglichen shutdown bereits reagiert und in einen neuen Modus gefunden haben! Soweit erst mal meine Gedanken…
Mit herzlichen Grüßen ins Rheinland, Friederun Gröhe