Die Idealisierung der Unschuld als ein Phänomen spätadoleszenter Rückzugsorganisationen und ihre Konsequenzen für die therapeutische Praxis
5. Oktober 2018 | 20:00 – 22:00 Uhr
Im Rahmen unserer zweijährig stattfindenden Edith Jacobson Gedenkvorlesung
wird Herr Dr. med. Holger Salge einen Vortrag zum Thema Spätadoleszenz bei uns zu halten. Herr Dr. med. Salge ist Chefarzt und stellvertr. Direktor der Sonneberg-Klinik in Stuttgart, Facharzt für Innere Medizin, Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychoanalytiker (DPG, IPV) und zum Gruppenanalytiker (D3G).
In jeder Biografie stellt die Phase der Spätadoleszenz ein Moment der Bilanzierung dar und legt offen, in wieweit der Aufbruch in ein eigenverantwortliches Leben möglich ist. Für die Bewältigung dieser Lebensphase ist es entscheidend ob der junge Erwachsene einen Zugang zu seiner Aggressivität finden kann. Zum vertieften Verständnis der inneren Welt des Adoleszenten ist nach meiner Einschätzung die Erweiterung der ödipalen Theorie durch die Züricher Psychoanalytikerin Judith le Soldat hilfreich. In ihrer Theorie kommt der Kastrationstat des Kindes den Eltern gegenüber, dem Moment der Aneignung und Bemächtigung, eine zentrale Rolle zu. Diese innerseelische Figur wird in der Spätadoleszenz durch die notwendige Ungeheuerlichkeit, die eigene Entwicklung gegen die Stabilität der Familie ins Feld zu führen, massiv aktualisiert. Die Idealisierung einer Position der Unschuld mit der Folge der Arretierung der eigenen Entwicklung, gestützt durch das Phantasma, keine hinreichende Ausstattung für die Bewältigung der anstehenden Weiterentwicklung bekommen zu haben, bietet einen scheinbaren Ausweg aus diesem inneren Dilemma. Die Idealisierung der Unschuld im Licht der Theorie von Judith le Soldat ist als Regression vor die Zeit der Kastrationstat aufzufassen.
In meinem Vortrag möchte ich zunächst diese psychodynamische Figur, der ich in meiner therapeutischen Arbeit mit jungen Erwachsenen meine immer häufiger zu begegnen, darstellen und darüber hinaus einige Implikationen für die klinische Praxis, insbesondere die Haltung des Therapeuten, die Beziehung des jungen Patienten zu seiner Behandlung und den Umgang mit der Beendigung von Behandlungen diskutieren.
Von Herrn Dr. med. Salge ist im Springer-Verlag in zweiter Auflage 2017 erschienen das Buch: Analytische Psychotherapie zwischen 18 und 25, Besonderheiten in der Behandlung von Spätadoleszenten.
Der Vortrag ist kostenfrei, die Zertifizierung ist beantragt
Veranstaltungsort
Institut für Psychotherapie e.V. Berlin
Goerzallee 5
12207 Berlin
Verkehrsverbindungen
S-Bahn, Lichterfelde Ost
Bus 184, 284